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Wer zu spät kommt, verpasst den Markt

Für die Anbieter von Smart Metern geht es um mehr als nur Messdienstleistungen. Es geht um neue Geschäftsmodelle.
Die Erklärung ist so einfach wie plausibel: Smart Communities sind Orte, an denen die Energiewende umgesetzt ist, an denen Verbrauch und volatile Energieerzeugung in Einklang gebracht werden. Nichts weniger hat sich Toshiba in Deutschland auf die Fahne geschrieben, als dafür eine Bauanleitung und einen Werkzeugkasten zu liefern.

Eine wesentliche Rolle dabei spielt Landis + Gyr, ein Unternehmen der Toshiba-Gruppe, an dem mit 40 % auch das Innovation Network Corporation of Japan beteiligt ist. Chef der deutschen Niederlassung ist Peter Heuell Der promovierte Ingenieur der Elektrotechnik präzisiert die Strategie: „Wir entwickeln ein regionales Energiemanagement für den hiesigen Markt, das insbesondere Anwendungsfälle aus Sicht des Netzbetreibers im Fokus hat.“ Es gehe um mehr als Messdienstleistungen, für die das Unternehmen vor allem hierzulande bekannt ist. Es gehe um Demand Side Management, Einspeisemanagement und beispielsweise auch um die Steuerung regelbarer Ortsnetztrafos und Batterien. Die Plattform, die dafür im Nürnberger Smart Solution Center vorbereitet wird, beruht auf einer Weiterentwicklung des Micro-Energiemanagementsystems der japanischen Konzernmutter.

Interessenten für das System gibt es bereits und im ersten Quartal könnten auch Referenzen spruchreif werden. Dabei sind die regulatorischen Rahmenbedingungen aus Heuells Sicht anpassungsbedürftig. „Eine kleinteilige geographische Optimierung des Netzes ist derzeit noch nicht möglich, da Verteilnetzbetreiber zum Beispiel keine Speicher betreiben dürfen und das Einspeisemanagement nur vom Übertragungsnetzbetreiber gesteuert wird.“ Doch seiner Ansicht nach hat das Umdenken in der Politik bereits begonnen. Anzeichen dafür seien erkennbar, wie beispielsweise das BMWi-Förderprogramm „Intelligente Energie“. Dennoch müsse man sich darüber im Klaren sein, dass die vollständige „Smartfizierung“ sowohl der Politik als auch der Energiewirtschaft nicht in einigen Monaten zu schaffen sei.
Ist damit die Zeit für eine intelligente Lösung aus dem Hause Toshiba/Landis+Gyr vielleicht noch gar nicht reif? Peter Heuell steht eher auf dem Standpunkt: Wer zu spät kommt verpasst den Markt. Zwar bestehe für First Mover immer die Gefahr, Geld zu verbrennen. Die Gelegenheit, mit Pilotprojekten Erfahrungen zu sammeln und Prozesse zu optimieren, wiege dieses Risiko allerdings bei Weitem wieder auf.

„Smart Meter sind keine iPhones“

Die jüngsten Diskussionen um die Sinnhaftigkeit eines flächendeckenden Einsatzes von Smart Metern sieht Heuell gelassen. Im Ansatz der Bundesregierung sieht er den richtigen Weg: zunächst ein Roll Out mit 10, 15 oder 20 % Abdeckung, dann werde sich die Erkenntnis schon durchsetzen, was die Technologie alles leisten kann. „Wir müssen eine zukunftsfähige Plattform schaffen“, so sein Credo. „Unser Smart Meter Design bietet dafür eine hervorragende Basis.“ Die Schnittstelle zu Anlagenbetreibern und Endkunden, die genutzt werden könnten, um virtuelle Kraftwerke aufzubauen und zu steuern, sei ein Merkmal dieser Zukunftsfähigkeit. Die Datenerfassung für die Abrechnung variabler Tarife verstehe sich dagegen von selbst.

„Smart Meter sind keine iPhones“, sagt Heuell und verdeutlicht damit, nicht die Geräte an sich sind attraktiv, sondern die Geschäftsmodelle, die Energieversorger darauf aufsetzen können. Nach seiner Überzeugung wird am Anfang noch das reine Energiemanagement im Vordergrund stehen. Aber neue Ansätze, wie Mieterstrom, bei denen der Mieter nicht mehr vom EVU, sondern vom Vermieter aus dessen BHKW- oder PV-Anlage seinen Strom bezieht, könnten an Bedeutung gewinnen, glaubt Heuell. In einem weiteren Schritt sei sogar vorstellbar, künftig über BSI-konforme Software Updates für die Brennersteuerung von Heizanlagen zu machen. Gerade die Einsatzmöglichkeiten, um Effizienzsteigerungen zu erzielen, sind aus seiner Sicht besonders attraktiv.

Wenn Technologien erprobt sind und ihr Nutzen offensichtlich wird, ist ein großer Schritt in Richtung Akzeptanz gemacht. Eine Baustelle bleibe aber noch: die Frage der Kosten. Diese gegenüber dem Nutzen ins richtige Verhältnis zu setzen, sei wohl die wesentliche Herausforderung, vor der Wirtschaft und Politik im Moment noch stehen.

Fritz Wilhelm

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