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Weg für Balkon-PV ist frei

Der Weg für steckbare Photovoltaikmodule in Deutschland steht vermutlich offen. Interessensvertreter haben sich mit dem VDE auf eine erste Norm geeinigt.
Verbraucher in Deutschland können Hoffnung auf eine baldige Zulassung sogenannter Mini-PV-Anlagen haben. In einem ersten Schritt haben sich Wirtschaftsvertreter, Forscher, Versicherer und Hersteller mit dem Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) auf eine Norm zur Installation geeinigt.

Mini-PV-Anlagen sind kleine Photovoltaikanlagen, die sich auf dem Balkon oder der Terrasse aufhängen oder aufstellen lassen. Sie bestehen meist aus bis zu vier Modulen und einem kleinen Wechselrichter und kosten ab 300 Euro aufwärts. Zum Betrieb muss das Gerät lediglich an eine Haushaltssteckdose angeschlossen werden. Scheint die Sonne, wird Strom ins Netz eingespeist, meist zwischen 150 und 200 Watt pro Modul.

Im Vorfeld der Fachmesse Intersolar in München hatte der VDE zu einem runden Tisch geladen. Dabei ging es darum, die mehr als 300 bei der VDE-Normungsorganisation DKE zum Normentwurf für Stecker-PV-Geräte eingegangenen Kommentare zu diskutieren und zu bewerten. Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS), des Elektrohandwerks, der Versicherungswirtschaft, der Komponentenhersteller, der Netzbetreiber sowie Vertreter der wissenschaftlichen Institute folgten der Einladung und identifizierten die Anforderungen, unter denen Mini-PV-Module ohne Einschränkungen beim Thema Sicherheit betrieben werden können.

Zu dem Ergebnis dieser Beratungen wurden anschließend erneut Kommentare eingereicht, die Thema einer weiteren Gesprächsrunde waren und geklärt wurden. Dadurch ist der Weg zur Veröffentlichung einer nationalen Vornorm zur Installation der Kleinanlagen frei, so der VDE. Die Norm soll auch in die europäische und internationale Normung eingebracht werden.

Produktnorm steht noch aus

Nachdem hierdurch nun die Fragen an die Installation von Stecker-PV-Anlagen geklärt sind, steht die Erstellung einer Produktnorm noch aus. Aktuell wird als zweiter Schritt an der Veröffentlichung eines Standards zu den Steckvorrichtungen der Geräte gearbeitet, bei dem es um die Einspeisung des erzeugten Stroms geht. Eine Einigung hierzu werde für den Zeitraum November/Dezember 2017 erwartet, so eine VDE-Sprecherin auf Nachfrage von E&M.

Erst wenn als dritte Säule auch die Produktnorm erstellt wurde, sind die Geräte und ihr Betrieb durch Privatpersonen komplett genormt. Die Einschätzungen darüber, wann das der Fall sein wird, divergieren. Die DGS geht von Anfang 2019 aus, der VDE vom vierten Quartal 2018. Möglicherweise könne jedoch bereits früher eine Einigung erzielt werden, sagte die Sprecherin. Das hänge in dem Prozess allerdings von den Herstellern ab.

„Die Einigung macht den Weg frei für die massenhafte Nutzung solcher kleinen PV-Anlagen, die Mieter von nun an problemlos auf ihrem Balkon anschließen und damit eigenen Solarstrom ernten können“, sagt Sönke Tangermann, Vorstand des Stromanbieters Greenpeace Energy. Der VDE ist aufgrund der beiden letzten noch offenen Normen zurückhaltender in seinen Aussagen. Es handele sich um einen „ersten wichtigen Schritt“, erklärte die VDE-Sprecherin. Allerdings sollten Verbraucher mit dem Kauf und der Installation eines entsprechenden Geräts noch abwarten, da die Norm für die Steckverbindung noch nicht beschlossen und eine Produktnorm noch nicht erarbeitet wurde.

Das Thema Mini-PV erregt schon seit einigen Jahren die Gemüter. Wer sich ein solches Gerät anschafft und anschließt, bewegte sich in Deutschland bisher in einer technisch-juristischen Grauzone. Die Kleinanlagen waren nicht verboten, aber eben auch nicht normkonform. Netzbetreiber untersagten Verbrauchern daher den Betrieb. Sie verwiesen auf eine VDE-Norm DIN VDE 0100-551, die besagt, dass Anlagen, die Strom erzeugen, nicht über einen gewöhnlichen Schutzkontaktstecker (Schuko) an den Haushaltsstromkreis angeschlossen werden oder in Endstromkreise einspeisen dürfen.

Im Ausland, etwa in der Schweiz, Portugal oder Österreich, ist der Betrieb der Anlagen bereits seit längerem ohne Einschränkungen möglich. Laut einer Schätzung von Greenpeace Energy sind dort rund 200 000 der Geräte im Einsatz. Auch in Deutschland sollen demnach bereits rund 20 000 Mini-PV-Anlagen in Nutzung sein.

Jonas Rosenberger

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