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Strategien für mehr Fernwärme

Die Energiewende wird politisch mit Blick auf den Strommarkt vorangetrieben. Die Potenziale im Wärmebereich werden bislang noch unzureichend ausgeschöpft.
Doch bei der Ausgestaltung des neuen Energiesystems können insbesondere Fernwärme und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) einen wesentlichen Beitrag zur Effizienzsteigerung, zur Kohlendioxid-Vermeidung sowie zur Integration erneuerbarer Energien leisten. Vier Energieversorger erläutern ihre Aktivitäten im Bereich der Fernwärmeversorgung.
 
MVV Energie AG, Mannheim

Energieeffizienz ist neben dem Ausbau erneuerbarer Energien ein zentraler strategischer Schwerpunkt der MVV Energie AG. Deshalb investieren wir gezielt in die Stärkung der Energieeffizienz unserer Anlagen. Dabei kommt der Nutzung der KWK in Verbindung mit der umweltfreundlichen Fernwärme an allen Standorten unserer Unternehmensgruppe eine ganz besondere Bedeutung zu.

Die Fernwärmeversorgung hat in Mannheim und der Metropolregion Rhein-Neckar eine jahrzehntelange Tradition. Über 60 Prozent der Mannheimer Haushalte sind an das Fernwärmenetz angeschlossen. Ende der 1980er Jahre wurden auch die Nachbarstädte Heidelberg und Schwetzingen angebunden. Vor vier Jahren haben wir eine neue Fernwärmeleitung nach Speyer in Betrieb genommen. Darüber hinaus verbindet seit März 2014 eine neu errichtete Fernwärme-Querspange in Mannheim die beiden zentralen Fernwärmetrassen der Stadt – eine weitere wichtige Investition in die Versorgungssicherheit. Um die KWK-Erzeugung noch flexibler und effizienter zu gestalten, wird seit einigen Monaten auf dem Gelände des Großkraftwerks Mannheim der leistungsstärkste Fernwärmespeicher in Deutschland betrieben. Hierfür haben wir 27 Mio. Euro investiert.

Unser Fernwärmenetz bauen wir konsequent weiter aus und verdichten es. Erst kürzlich haben wir es mit erheblichem Investitionsaufwand auf drei weitere Stadtteile ausgedehnt. Das große Thema der kommenden Jahre ist die Einbindung mehrerer großflächiger Konversionsgebiete in der Quadratestadt.
 

Das GuD-Kraftwerk Lausward im Düsseldorfer Hafen soll ab 2016 in Betrieb sein
Bild: Stadtwerke Düsseldorf

Stadtwerke Düsseldorf AG

Energiewende bedeutet Ausbau und Integration von erneuerbaren Energien. Die Möglichkeiten dazu sind in Großstädten allerdings begrenzt, deswegen kommt der Steigerung der Energieeffizienz eine entscheidende Rolle zu. Die Stadtwerke Düsseldorf verfolgen seit Jahren eine entsprechende Energiestrategie, um die zukünftige Strom- und Wärmeversorgung umweltfreundlich, sicher und zu bezahlbaren Preisen zu gestalten, aber auch um gemeinsam mit der Landeshauptstadt von Nordrhein-Westfalen das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 zu erreichen.

Das neue hocheffiziente Erdgaskraftwerk stellt dabei einen Meilenstein in der Düsseldorfer Energieversorgung dar. Als eines der weltweit modernsten Heizkraftwerke soll es ab 2016 am Standort Lausward im Düsseldorfer Hafen umweltschonend Strom und Fernwärme erzeugen. Bei der reinen Stromerzeugung wird die Anlage einen Wirkungsgrad von mehr als 61 Prozent erreichen, im KWK-Betrieb kann der Gesamtnutzungsgrad auf bis zu 85 Prozent erhöhen werden. Entscheidend ist, dass die aus dieser Anlage erzeugte Fernwärme durch ihren Primärenergiefaktor 0 den erneuerbaren Energien gleichgestellt ist.

Mit seinem Ausbaupotenzial bildet das Fernwärmenetz die Grundlage für die Modernisierung der Wärmeversorgung in Düsseldorf. Gesteuert über den mit der Landeshauptstadt entwickelten Wärmeentwicklungsplan werden über den Fernwärme-Ausbau quartiersbezogene Lösungen und Arealnetze umgesetzt, die mit Blockheizkraftwerken oder Wärmepumpen die Effizienz der Wärmeversorgung in Düsseldorf signifikant erhöhen.
 
Energieversorgung Oberhausen AG (evo)

Bereits in den 1970er Jahren hat sich die evo zugunsten der Fernwärme entschieden und profitiert noch heute davon. Durch die Fernwärme konnten in Oberhausen in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche CO2-Emissionen vermieden werden. In drei eigenen KWK-Anlagen erzeugt die evo auf der umweltschonend und effizient Strom und Fernwärme. Über ein Leitungsnetz mit über 200 km Gesamtlänge wird die Fernwärme in vier Gebieten von Oberhausen verteilt: Alt-Oberhausen, Osterfeld, Sterkrade und der Neuen Mitte. Neben den eigenen Heizkraftwerken bezieht die evo Fernwärme vom Oxea-Werk Ruhrchemie in Holten sowie aus der Gemeinschafts-Müllverbrennungsanlage Niederrhein.

Im Rahmen ihrer Strategie hat die evo von 2009 bis 2011 den bis dahin erdgasversorgten Stadtteil Osterfeld mit Fernwärme erschlossen. Eine weitere Maßnahme war die Errichtung einer Biomassefeuerung im Heizkraftwerk II in Oberhausen-Sterkrade, die seit März 2011 Strom und Fernwärme aus nachwachsenden Rohstoffen erzeugt. Zurzeit stehen die Verdichtung vorhandener Fernwärme-Gebiete und das Miteinander von zentraler und dezentraler Erzeugung im Fokus der strategischen Ausrichtung. Dabei wird das Fernwärmenetz durch Nahwärmeinseln ergänzt: Dort, wo keine Leitungen verlegt werden können, werden Nahwärmnetze aufgebaut. Auch alternative Verlegetechniken prüft die evo intensiv.

Der Primärenergiefaktor der Fernwärme in Oberhausen beträgt 0,21 und wurde von der Steag Energy Services bis 2024 zertifiziert. Neben dem Primärenergiefaktor wurde bei der Wärmebereitstellung ein KWK-Anteil von rund 76 Prozent ermittelt. Der Anteil der eigenerzeugten Wärme beträgt im Bilanzzeitraum 2011 bis 2013 etwa 42 Prozent. Durch die Vermeidung von jährlich mehr als 80 000 t Kohlendioxid, leistet die Fernwärme einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz in Oberhausen. Der kontinuierliche Ausbau der Fernwärme im Stadtgebiet ist ein weiterer Baustein der Unternehmensstrategie, den Einsatz wertvoller Primärenergie und den CO2-Ausstoß weiter zu verringern.
 

In Rosenheim beliefern die Stadtwerke seit sechzig Jahren Haushalte und Unternehmen mit Fernwärme
Bild: Stadtwerke Rosenheim

Stadtwerke Rosenheim GmbH

In Rosenheim beliefern die Stadtwerke seit sechzig Jahren Haushalte und Unternehmen mit Fernwärme. Als kommunaler Versorger vertrauen wir auf den Nutzen der Fernwärme und setzen auch in Zukunft auf diesen Weg. Allein in den vergangenen fünfzehn Jahren haben wir in unserer 60 000-Einwohner-Stadt die Ausdehnung des Fernwärmenetzes – gemessen an der Leitungslänge – auf 93 km verdreifacht. Das beheizte Raumvolumen wuchs im gleichen Zeitraum um das Zweieinhalbfache auf 1,5 Mio. m3. Diesen Ausbau werden wir in den kommenden Jahren fortsetzen.

Das Fernwärmenetz ist Teil unseres flexiblen Erzeugungssystems aus Müllverbrennung, hochmodernen Gasmotoren, die wir zum Teil mit Biomethan betreiben, selbst entwickelten Holzvergasern und Wärmespeichern. Indem wir die Abwärme unserer Kraftwerke nutzen und in unser Fernwärmenetz einspeisen, verdrängen wir den Hausbrand mit fossilen Energieträgern und senken so deutlich den CO2-Ausstoß. Bis 2025 wollen wir Rosenheim klimaneutral mit Energie versorgen.

Unsere Strategie sorgt aber nicht nur für eine gute Klimabilanz, sie rechnet sich auch für unsere Kunden und für Rosenheim: Unsere Fernwärmepreise liegen unter den Gesamtkosten für fossilen Hausbrand. Die lokale Energieproduktion sichert zudem qualifizierte Arbeitsplätze in Rosenheim. Der Fernwärmeausbau schafft darüber hinaus wirtschaftliche Nachfrage, von der viele Unternehmen in der Region profitieren. Unsere Wertschöpfung kommt letztlich dem kommunalen Haushalt zugute und damit Rosenheim als Gemeinwesen.

Michael Pecka

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