Home » Beratung & Studien » SPD-Parteitag: Vorstand will Kohleausstieg umschiffen

SPD-Parteitag: Vorstand will Kohleausstieg umschiffen

Auf dem vom 7. bis 9. Dezember stattfindenden SPD-Parteitag spielt Energie nur eine untergeordnete Rolle. Anträge zum Kohleausstieg will der Vorstand lieber nicht behandeln.
Der Parteitag der Sozialdemokraten soll, nach dem Absturz bei der Bundestagswahl Ende September, vor allem zwei Zielen dienen: Die organisatorische und inhaltliche Neuaufstellung der Partei soll debattiert und festgelegt werden. Außerdem will der Vorstand ein Votum zur Aufnahme von Koalitionsverhandlungen mit der Union einholen.

Im Beschluss des Parteivorstandes vom 4. Dezember „Unser Weg. Für ein modernes und gerechtes Deutschland. Leitlinien für das weitere Vorgehen“ ist auf über 20 Seiten gerade mal ein kleiner Absatz der Klima- und Energiepolitik gewidmet.

Unter der Überschrift: „Für Klimaschutz und eine erfolgreiche Energiewende“ heißt es: „Gerade, weil wir die industrielle Basis in unserem Land erhalten wollen, müssen wir Innovation und technologisches Know-how weiterentwickeln und auf eine ambitionierte Klimaschutzpolitik setzen – national und weltweit.“ Dazu gehöre auch die Umsetzung der Energiewende mit dem konsequenten Ausbau erneuerbarer Energien. Weiter wird betont, die von Strukturwandel betroffenen Regionen müssten finanziell unterstützt werden, um neue wirtschaftliche Strukturen zu entwickeln und neue industrielle Arbeitsplätze zu schaffen.

Umfassende Energiebilanzen

Wesentlich detaillierter lesen sich in dem umfänglichen Antragsbuch zum Parteitag manche Anträge von Ortsverbänden und anderen Unterorganisationen der SPD zu bestimmten Fragen der Energie- und Klimapolitik. So fordert die Arbeitsgemeinschaft Sozialdemokratischer Frauen in einem ausführlichen Antrag, bei der Erstellung von Energiebilanzen nicht nur den Energieverbrauch an sich, sondern alle Aspekte wie unter anderem Produktion und Materialverbrauch einzubeziehen.

Die Frauen verweisen dazu etwa auf Gebäudedämmung, Elektroautos und andere Produkte, für die Rohstoffe gewonnen werden müssen. Die Antragskommission hat daraus formuliert: „Die SPD-Bundestagsfraktion wird aufgefordert, sich für die Erarbeitung umfassender und transparenter Energiebilanzen einzusetzen und ihre Umsetzung durch rechtliche und finanzielle Maßnahmen zu fördern.“

Detaillierte Forderungen zu Kohleausstieg

Während der Parteivorstand – wie bereits im Wahlprogramm – das Wort „Kohleausstieg“ vermeidet, gibt es gleich mehrere Anträge dazu. Zum Beispiel vom Bezirksverband Unterfranken (Landesverband Bayern). Er trägt die Überschrift „Definierter, stufenweiser Ausstieg aus der Braunkohle-Verstromung/Abbau“. Darin wird ein kurzfristiger Beginn des Ausstiegs mit klaren und verbindlichen Vorgaben gefordert.

Das Vorgehen in der geplanten Kommission, müsse umgedreht werden: „Zuerst muss der stufenweise Ausstieg / Reduzierung aus der Braunkohle-Verstromung und des Braunkohleabbaus bezüglich der Termine für die einzelnen betroffenen Anlagen verbindlich festgelegt werden und dann die Folgen / Veränderungen für den sich daraus ergebenden Strukturwandel in den Kohlerevieren und dessen Finanzierung geplant werden.“ Zudem müsse dies in den Klimaschutzplan 2030 und 2050 mit aufgenommen werden.

Nicht ÜNB alleine sollen die Netzentwicklungspläne erstellen

Dieser Antrag soll laut Antragskommission an die SPD-Bundestagsfraktion überwiesen werden, wie auch andere Anträge, etwa ein gegenläufiger Antrag des Unterbezirks Bottrop („Kein Wettlauf beim Braunkohleausstieg“) und ein Antrag zu den Netzentwicklungsplänen aus dem Nürnberger Land. Darin heißt es, zukünftig sollten „auch unabhängige Wissenschaftler aus dem Bereich Elektrotechnik und Volkswirtschaft und evtl. anderer Disziplinen den Szenariorahmen und den ersten Entwurf des Netzentwicklungsplanes erstellen und nicht nur die Übertragungsnetzbetreiber“.
 
Abgelehnt werden sollen nach dem Willen der Antragskommission mehrere andere Anträge zum Thema Energiepolitik. Dazu gehören zwei Anträge aus Niedersachsen, die vorsehen, die acht ältesten Kohlekraftwerke bis Ende 2018 stillzulegen und die übrigen bis 2030 abzuschalten wie auch die Förderung für den Export von Kohlekraftwerken zu beenden.

Deckelung für Erneuerbare abschaffen
 
Mehrere Anträge widmen sich den Regelungen für die erneuerbaren Energien. Abgelehnt werden soll etwa ein Vorstoß aus dem Raum Bielefeld, eine bundeseinheitliche Regelung zur Aufstellung von Windkraftanlagen auch innerhalb einer 1 500 m Distanz zu Wohngebieten zu treffen.

Ein ausführlicher Antrag zum EEG des Bezirks Hessen-Nord, in dem unter anderem eine De-minimis-Regelung für Windparks und eine stärkere Förderung von Photovoltaik und Biomasse gefordert wird, soll als „Material“ an die Bundestagsfraktion überwiesen werden. Zur Ablehnung empfohlen werden mehrere Anträge, die insbesondere die Forderung enthalten, die Deckelung des Erneuerbaren-Ausbaus aufzuheben.

Angelika Nikionok-Ehrlich

About emvg