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Norddeutsche Energiewende erfolgreich

Vor zwei Jahren ist das Demonstrationsprojekt „Norddeutsche Energiewende 4.0“ (NEW 4.0) gestartet. Nun haben die 60 Partner des Konsortiums eine positive Halbzeitbilanz gezogen.
Die beiden Bundesländer Hamburg und Schleswig-Holstein wollen mit dem Projekt NEW 4.0, die Machbarkeit der Energiewende demonstrieren. Ziel ist es, den Norden Deutschlands mit dem regenerativen Erzeugungsschwerpunkt Schleswig-Holstein und dem Verbrauchszentrum Hamburg zu einer Leitregion für den Klimaschutz werden zu lassen und Erzeugung und Verbrauch aufeinander abzustimmen und miteinander zu synchronisieren. Dazu wurden in den ersten beiden Jahren rund 100 Maßnahmen als Teilprojekte initiiert.

 „Alle 100 Teilprojekte laufen erfolgreich und liefern bereits Zwischenergebnisse“, erläuterte Werner Beba am 31. Januar auf einer Festveranstaltung in der IHK Kiel. Beba ist Projektkoordinator von NEW 4.0 und Leiter des Competence Centers für erneuerbare Energien und Energieeffizienz (CC4E) der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg. „In diesem Jahr geht NEW 4.0 nun in die entscheidende Erprobungs- und Umsetzungsphase: Wir werden alle Bausteine und Projekte zusammenführen und durch eine ganzheitliche Systemintegration erproben, wie das Energiesystem der Zukunft aussehen wird“, so Beba. „Wir erproben die Machbarkeit des nunmehr absehbaren Kohleausstiegs: Die Übernahme der Systemaufgaben konventioneller Kraftwerke und damit eine stabile, sichere Versorgung durch ein innovatives, CO2-freies Energiesystem“, erklärte der Projektkoordinator.

Grundstein für Kohleausstieg

„Es geht um nichts weniger als den Schritt aus dem analogen Kohlezeitalter, hinein ins digitale Zeitalter der erneuerbaren Energien“, ergänzte Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht (Grüne). „Ob Windstrom oder Photovoltaik, wir wollen in einer vernetzten Welt unseren Energiehunger zu 100 Prozent aus erneuerbaren Rohstoffen decken. Diesen Schritt soll unser Schaufenster der Norddeutschen Energiewende demonstrieren und dafür werden wir uns mit aller Kraft einsetzen.“

So wurden in den vergangenen Monaten drei Batteriespeicher errichtet, die dabei helfen, das Netz auf der Erzeugerseite zu entlasten und kurzfristige Schwankungen auszugleichen. Der Einsatz von Kraftwerken, die Regelenergie auf Basis von fossilen Brennstoffen erzeugen, kann so reduziert werden.

Durch die enge Zusammenarbeit der NEW 4.0-Partner hat sich bestätigt, dass die Energiewende vor allem ein großes vernetztes Digitalisierungsprojekt ist. So führt die im Projekt entstandene ENKO-Plattform von Schleswig-Holstein Netz und der ARGE Netz als Netzampel verschiedenste Verbraucher zusammen, um ihre Flexibilitätspotenziale für den Schwankungsausgleich im Stromsystem zu bündeln. Auf diese Weise können mehr erneuerbare Energien ins Stromnetz eingespeist werden und Abregelungen von Windenergieanlagen vermieden werden.

Auch die energieintensive Industrie in Hamburg bringt sich als Partner in die Energiewende ein. So erproben ArcelorMittal, Trimet und Aurubis bereits erfolgreich, wie industrielle Großverbraucher anstelle von konventionellen Kraftwerken wichtige Regelenergie erzeugen können, um das Stromnetz zu stabilisieren. Gleichzeitig werden die Weichen gestellt, um Produktionsprozesse zu dekarbonisieren und statt fossiler Energieträger erneuerbaren Strom einzusetzen.

Ziel der Projektpartner ist es, die Energiewende ganzheitlich zu denken. Deshalb ist die Sektorkopplung und die Einbeziehung von Wärme und Verkehr von zentraler Bedeutung. Am Beispiel von acht Power-to-Heat-Anlagen wird getestet, wie es gelingen kann, CO2-neutrale Wärme zu produzieren. Zudem wurde in Brunsbüttel ein Wasserstoff-Elektrolyseur in Betrieb genommen, ein weiterer Elektrolyseur wird derzeit in Haurup, südlich von Flensburg gebaut. Beide sollen überschüssigen Windstrom in Wasserstoff umwandeln und diesen für den Verkehrs- und Wärmesektor nutzbar zu machen.

Neue Entwicklungsperspektiven

Innerhalb der letzten zwei Jahre habe sich im Projekt NEW 4.0 ein hochleistungsfähiges Konsortium mit rund 250 qualifizierten Fachkräften herausgebildet, berichteten die Projektverantwortlichen. Damit die Energiewende nach Ablauf der vierjährigen Förderzeit Ende 2020 nicht auf dem dann Erreichten stehenbleibt, werden schon jetzt die Weichen für die Weiterentwicklung gestellt.

Ausgehend von NEW 4.0 als Leistungsbasis hat sich zusammen mit weiteren Partnern eine Großinitiative herausgebildet, die sich im Rahmen des 7. Energieforschungsprogramms der Bundesregierung gemeinsam als „Norddeutsches Reallabor für digitale, integrierte Sektorkopplung mit Schwerpunkt Wasserstoff“ bewirbt. „Aufbauend auf den gesammelten Erfahrungen und den Kompetenzen unserer Partner sowie den errichteten Demonstratoren gilt es, die Energiewende im Norden konsequent weiterzudenken“, betonte NEW 4.0-Projektkoordinator Beba. Sein strategisches Ziel ist es, einen konkreten Transformationspfad für das Reallabor festzulegen und eine Dekarbonisierung der Region weiter voranzubringen. Bis 2035 sollen Schleswig-Holstein und Hamburg dadurch ihren Energiebedarf zu 75 % aus regenerativen Energien decken können.

Kai Eckert

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