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Kooperationen statt Wettbewerb beim Glasfaserausbau

Beim Glasfaserausbau in Deutschland will die Deutsche Telekom künftig verstärkt auf Kooperationen mit kommunalen Wettbewerbern setzen. Zusammen nehmen sie die Regulierung ins Visier.
Schulterschluss mit der Konkurrenz: Nach jahrelangem Streit um die richtige Breitbandstrategie und den Glasfaserausbau strebt die Deutsche Telekom nun Kooperationen mit lokalen und regionalen Unternehmen aus dem kommunalen Bereich an. „Die Zeiten ändern sich. Große Herausforderungen löst man nicht mit alten Gewohnheiten, sondern mit neuen Herangehensweisen und zum Teil auch mit neuen Allianzen“, erklärte Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges auf einer Veranstaltung des Branchenverbandes Buglas. In dem Verband sind viele kommunale Netzbetreiber aus dem Stadtwerke-Umfeld organisiert, die auf eigene Kosten in ihren Geschäftsgebieten den Glasfaserausbau bis ins Haus forcieren.

Für den Breitbandausbau gibt es verschiedene Optionen. Bislang hatte die Telekom das Vectoring favorisiert. Dabei werden zwar die rund 7 900 Hauptverteiler an das Glasfasernetz angeschlossen, die letzte Meile bis zum Kunden nach Hause wird aber vorerst weiterhin über das bestehende Kupferkabel realisiert. Durch ein technologisches Verfahren werden die elektromagnetischen Störungen im Kupferkabel herausgefiltert, so dass Datenübertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Mbit/s (Megabit pro Sekunde) und mehr möglich werden. Stadtwerke und andere kommunale Anbieter wollen beim Glasfaserausbau meistens hingegen Glasfaser bis in die Häuser und Wohnungen ihrer Kunden legen und können dadurch zuverlässig schnellere Übertragungsraten bieten. Dieses auch als FTTB oder FTTH bezeichnete Verfahren verspricht zukunftsfähige Internetanschlüsse, die auch den wachsenden Ansprüchen und Herausforderungen, etwa durch das Videostreaming, genügen.

Bereits seit dem Sommer hatte sich ein Strategiewechsel bei der Telekom abgezeichnet, nachdem das Unternehmen ankündigte, in bestimmten Gebieten verstärkt direkte Glasfaseranschlüsse legen zu wollen. Laut Höttges strebt die Telekom nun auch Kooperationen mit den großen Stadtnetzbetreibern wie NetCologne oder M-Net an. E&M hatte bereits in der vergangenen Woche über eine mögliche Kooperation zwischen der Telekom und dem regionalen Energie- und Telekommunikationsanbieter EWE berichtet. Für die Telekom erscheinen solche Kooperationen sinnvoll, kann sie sich mit kommunalen Partnern doch auch gegen andere Konkurrenten in Position bringen. Auch große TV-Kabelnetzbetreiber, zu denen etwa auch der Telekommunikationskonzern Vodafone seit der Übernahme von Kabel Deutschland gehört, öffnen ihre Netze für schnelle Internetübertragungen. Andere Provider, wie der und ehemalige Telekom-Partner 1&1, buhlen ebenso um Marktanteile und setzen die Telekom im Festnetz zunehmend unter Druck.

Nach Darstellung der Telekom seien Kooperationen aber vor allem deshalb sinnvoll, weil die tatsächliche Nachfrage nach FTTH eher gering sei, schreibt das Unternehmen im eigenen Firmenblog. So würden von den vorhandenen Anschlüssen gerade einmal ein Viertel gebucht werden, was auch die Bundesnetzagentur bestätigt habe. Gemeinsam könnten sich Unternehmen die hohen Investitionskosten beim direkten Glasfaserausbau teilen, statt konkurrierende Glasfaserinfrastrukturen zu errichten, so die Telekom.

Um die Investitionen in den Glasfaserausbau zu schützen, plädieren verschiedene Marktplayer nun dafür, die direkte Glasfaserverlegung bis ins Haus aus der Regulierung herauszunehmen. Gemeinsam mit der Telekom haben die Deutsche Glasfaser, EWE, M-Net, NetCologne, die Stadtwerke Neumünster und Wilhelm.Tel, ein Tochterunternehmen der Stadtwerke Norderstedt, ein 18 Punkte umfassendes Eckpunktepapier für den Ausbau der FTTB/H-Netze herausgegeben. Zusammen stehen die Unternehmen für 60 % der Investitionen im Markt und für nahezu fast alle Investitionen in FTTH/B-Netze. Bei entsprechenden Rahmenbedingungen und verfügbaren Planungs- und Tiefbaukapazitäten halten es die Unternehmen für möglich, mit gemeinsamen Anstrengungen in zehn Jahren eine signifikante Verbesserung der Glasfaser-Abdeckung der Haushalte in Deutschland zu erzielen. „Regulierung und Gesetzgebung müssen investitions- und innovationsfreundlich fortentwickelt werden“, erklärt Wilhelm.Tel-Geschäftsführer Theo Weirich, der zugleich auch Buglas-Präsident ist. „Wir sprechen uns daher dafür aus, bei Einhaltung klar definierter wettbewerbsrechtlicher Spielregeln auf eine Regulierung von FTTB/H-Netzen zu verzichten. Zudem sollten die Marktakteure Vorleistungen auf bereits bestehenden Glasfasernetzen einkaufen anstatt auf Überbau zu verzichten“, so Weirich.

Das Eckpunkte-Papier „für mehr Investitionen und Kooperationen bei FTTH/B-Netzen durch Verzicht auf Regulierung“ kann unter anderem bei der Deutschen Telekom heruntergeladen werden.

Kai Eckert

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