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Koalitionsvertrag: VDMA sieht Rückzieher und fürchtet "Weiter so"

Der Maschinenbau-Verband VDMA fordert, die Einzelpunkte im Koalitionsentwurf zu einem echten Konzept für die Energiewende zu verschmelzen und sieht Konflikte heraufziehen.
„Gegenüber bekannt gewordenen, durchaus sachgerechten und ambitionierten Vorversionen fällt das Koalitionspapier in der Energiepolitik und den angrenzenden Themen stark ab“, konstatiert Matthias Zelinger, Energiepolitischer Sprecher des VDMA. „Rückzieher bei der Treibhausgas-Bepreisung oder bei der nötigen Reform von Umlagen und Steuern auf verschiedene Energieträger, klingen weniger nach ‚jetzt aber richtig‘ als nach ‚weiter so‘.“

Die Vereinbarungen ließen „zu viel Potenzial für Interpretationen und auch für Streit zu“, meint Zelinger, „dies insbesondere auch bei der breiten Verteilung der Energiewendethemen auf die Ministerien“. Damit bezieht er sich auf die Absicht, das Thema Bauen/Gebäude, für das bis dato das Umweltministerium zuständig ist, zukünftig mit im Innenministerium anzusiedeln, die Digitalisierung im Verkehrsministerium.

Mit Exporten Energiewende-Dividende erreichen

Der VDMA bemängelt, wie auch andere Kritiker, dass es an einer ganzheitlichen Architektur mangelt: „Die punktuellen Ansätze müssen trotzdem schnell zu einem echten Konzept verschmolzen werden, das dem vielfältigen Energiesystem gerecht wird.“ In dem Koalitionstext seien dennoch „wichtige Bausteine erkennbar“, die schnell weiterentwickelt werden sollten, heißt es weiter.

Wichtig sei etwa die erkannte Bedeutung von Versorgungssicherheit für die deutsche Industrie. „Der Markt muss die Bereitstellung von flexibler, emissionsarmer Leistung honorieren. Dies muss analysiert und gegebenenfalls gestärkt werden“, so Zelinger. Darüber hinaus sei für den Maschinenbau wichtig und richtig, dass es eine stringentere Exportpolitik geben soll. „Nur so kann Deutschland nach den erheblichen Vorinvestitionen eine echte Energiewende-Dividende erreichen. Wir müssen der Champion in zukunftsfähigen Energietechnologien bleiben.“

Den Weg zum 65-%-Ausbauziel festlegen

Der VDMA begrüßt die Korrektur der Fehler bei der Einführung des Ausschreibungssystems, insbesondere bei Windenergie an Land. „Dies muss eine der ersten Entscheidungen der neuen Koalition sein. Maßgebend ist hier, die emissionsrechtlichen Genehmigungen dauerhaft als Präqualifikation zu behalten und eine Ausbaulücke zu vermeiden“, betont Zelinger.

Es müsse schnell entschieden werden, wie das 65-%-Erneuerbaren-Ziel in den 2020er-Jahren erreicht werden und wie der Zubau erfolgen soll. Zudem müsse der zu erwartende erhebliche altersbedingte Rückbau von Windenergieanlagen ausgeglichen werden.

Die vorgesehene „Südquote“ beim Netzausbau erscheine zunächst schlüssig, sie könne aber nur eine temporäre Lösung sein, so Zelinger. „Letztlich kann nur die Beseitigung von Flaschenhälsen einen wirklich wettbewerblichen und effizienten Markt gewährleisten.“

Dreimal Handlungsbedarf

Mit den drei adressierten Bausteinen eines zukünftigen Energiesystems – Speicherung, KWK als Flexibilitäts- und Effizienzoption und Sektorkopplung – „steht dreimal Handlungsbedarf im Papier“, betont Zelinger. Hier sei leider die Chance für den Einstieg in potenzielle Lösungen vergeben worden. „Weder hat man die drängende Thematik der Abgaben, Umlagen und Steuern auf den verschiedenen Energieträgern adressiert, noch ernsthafte Möglichkeiten für ein schnell wirkendes verlässliches CO2-Preissignal im und neben dem Emissionshandel eröffnet. Wie dann aber die Sektorkopplung vorangebracht werden soll, bleibt völlig unklar.“

Was den Strommarkt betrifft, müsse in dieser Legislaturperiode der Übergang aus der Zeit der Überkapazitäten in eine mögliche Knappheitssituation gestaltet werden. Zwar habe der in den letzten Jahren flexibilisierte Strommarkt das Potenzial, Investitionen in flexible, steuerbare Kapazitäten anzureizen. „Dies ist aber keineswegs sicher, genauso wie die Frage, ob sich die europäischen Nachbarn tatsächlich ergänzen und in kritischen Situationen die Märkte ausgleichen“, verdeutlicht Zelinger. Deshalb sei ein kontinuierliches Monitoring entscheidend. „Die Politik muss zudem einen klaren Plan B haben, um nötigenfalls umsteuern zu können.“

Angelika Nikionok-Ehrlich

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