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BHKW-Musteranlage: BHKW für Badespaß

Das sanierte Hallenbad der hessischen Stadt Haiger versorgen die Stadtwerke als Contractor effizient mit Wärme und Strom aus zwei neuen 20-kW-BHKW-Modulen.
Am 30. Juni konnten die Mitglieder des Fördervereins Hallenbad Haiger e.V. aufatmen: Nach einer Modernisierung wurde der öffentliche Badebetrieb wieder aufgenommen. In dem städtischen Hallenbad mit seinem immer auf 30 °C aufgeheizten Schwimmbecken werden nun weiterhin Babys erste Erfahrungen im warmen Wasser machen, Schulkinder schwimmen lernen, Mütter und Väter mit ihren Kindern Spaß haben und Senioren sich körperlich fit halten.
 
 
Im Hallenbad Haiger ist immer ein Warmbadetag
Bild: Walter Lutz

Für die Stadt Haiger mit ihren knapp 20 000 Einwohnern war es nicht einfach, die notwendige Sanierung des 1964 gebauten Hallenbads zu finanzieren. Die Schließung hätte aber bedeutet, dass die Schulen in Haiger und in der Umgebung die einzige Möglichkeit für ihren Schwimmunterricht verloren hätten. Hilfreich war daher, dass die Hessische Landesregierung zu der von der Stadtverordnetenversammlung Anfang 2012 beschlossenen Sanierung einen unerwartet hohen Zuschuss aus einem Sonderprogramm gewährt hatte. Der auf Wunsch des Kommunalparlaments gegründete Förderverein sagte außerdem zu, die Pflege der Außenanlagen in Eigenleistung zu übernehmen sowie Sponsorengelder einzuwerben.
 
Die Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung wurde zusätzlich dadurch erleichtert, weil sich die Stadt auf die Finanzierung der baulichen Sanierung, vor allem der Hallendecke, der fälligen Erneuerung der Be- und Entwässerung des Beckens sowie des Umbaus der Lüftungsanlage beschränken konnte. Die ebenfalls überfällige Modernisierung der Energiezentrale des Hallenbades übernahmen die Stadtwerke Haiger als Contractor. Der kommunale Eigenbetrieb, der für die Wasser-, Gas- und Stromversorgung zuständig ist, wirkt auch bei anderen städtischen Liegenschaften als Energiedienstleister.
 
Die Stadtwerke setzten auch bei der Neugestaltung der Energieversorgung des Hallenbades auf Kraft-Wärme-Kopplung. Der Einsatz eines BHKW gehörte zu den Vorgaben für die Planung, mit der Anfang 2013 die Enerma Gesellschaft für Energiedienstleistungen mbH aus Siegen beauftragt wurde. Die Umsetzung des Konzepts zur Modernisierung der Heizzentrale hat nach einer im Juli 2013 erfolgten Ausschreibung die WHSE GmbH & Co. KG übernommen. Der auf effiziente Heizung und Kühlung mit BHKW spezialisierte Haiger Fachbetrieb für Heizungs- und Gebäudetechnik wird von Hans Hermann Freischlad und seinem Sohn Christian Freischlad geleitet. Freischlad Senior ist ein bundesweit anerkannter Pionier der BHKW-Technik, dessen unternehmerischem Engagement mit zu verdanken ist, dass im Stromnetz der Stadtwerke Haiger 60 BHKW, die meisten davon im Leistungsbereich zwischen 1 und 6 kW, installiert sind. Neun der BHKW betreiben die Stadtwerke selber.
 
Hocheffiziente KWK-Energieversorgung
 
In der Heizzentrale des Hallenbades ersetzen zwei erdgasbetriebene BHKW-Module XRGI 20 mit je 20 kW elektrischer und 40 kW thermischer Leistung des dänischen Herstellers EC Power sowie ein 280-kW-Gaskessel von Vaillant die beiden mit je 650 kW deutlich überdimensionierten alten Kessel. Der Umbau startete im September 2013, am 26. Februar 2014 konnten die BHKW erstmals in Betrieb genommen werden und Ende April 2014 war die Heizzentrale fertiggestellt.
 
 

Zwei BHKW-Module der EC Power XRGI 20 sorgen im Hallenbad Haiger für effiziente Wärme- und Stromversorgung
Bild: Walter Lutz

Die BHKW-Aggregate von EC Power hat die WHSE empfohlen, weil sie sehr leise und kompakt seien sowie mit 5 000 Betriebsstunden lange Wartungsintervalle haben. Das Unternehmen WHSE, das inzwischen als Premium-Partner auch ein EC Power-Center in Siegen betreibt, hat mit den Stadtwerken ein Vollwartungsvertrag für die beiden BHKW-Module abgeschlossen.
 
Auf der Grundlage von Messungen, mit denen bereits 2012 im Vorfeld des Umbaus der Wärmebedarf detailliert ermittelt wurde, konnte die KWK-Anlage sehr präzise ausgelegt werden. Dabei wurden auch die Übergabestellen der Heizkreisläufe der Lüftungsanlage, der Heizkörper zur Raumheizung, des Warmwassers zum Duschen und der Beckenwassererwärmung auf eine niedrige Rücklauftemperaturen von 40 °C abgestimmt. Dies ermöglicht die Brennwertnutzung bei den BHKW und dem Kessel, sodass bei einer Vorlauftemperatur von 80 °C für die KWK-Aggregate einen Gesamtwirkungsgrad von rund 96 % und für den zur Reserve und zur Deckung der Spitzenlast eingesetzten Gaskessel ein Jahresnutzungsgrad von etwa 97 % errechnet wurde.
 
Die KWK-Anlage ist so dimensioniert, dass sie die durch die Beckenwassererwärmung bestimmte Wärmegrundlast deckt. Zusätzlich sorgen zwei Pufferspeicher mit einem Volumen von je 1 200 l für einen gleichmäßigen Betrieb mit kalkulierten 7 500 Volllaststunden im Jahr, wenn das Hallenbad wie geplant ganzjährig genutzt wird. Die Ergebnisse der ersten zwei Monate Badebetrieb lassen erwarten, dass die berechnete Auslastung erreicht wird, berichtet Heinz-Rudolf Bartels, der Technische Betriebsleiter der Stadtwerke Haiger. Durch die verbesserte Effizienz der Anlage steigt der Gasverbrauch – trotz der zusätzlichen Stromproduktion – nicht wesentlich.
 
Erwartet wird eine Stromerzeugung des BHKW von jährlich 300 000 kWh, wovon bis zu 120 000 kWh direkt im Hallenbad verbraucht werden. Der Rest wird in das Netz der Stadtwerke eingespeist und nach dem KWK-Gesetz vergütet. Nur noch rund 10 % des Strombedarfs müssen für das Objekt zugekauft werden. Erweisen sich die Planungen im Laufe des Betriebes als zutreffend, kann die Stadt mit einer Reduzierung ihrer Betriebskosten im Hallenbad um etwa 30 % rechnen. Auf der Haben-Seite steht außerdem ein um 175 t/a verringerte CO2-Ausstoß – und das bei einer Menge Badespaß.
 
Die Anlage auf einen Blick
Standort: Hallenbad Haiger
Betreiber: Stadtwerke Haiger
Planung: Enerma Gesellschaft für Energiedienstleistungen mbH, Siegen
Ausführung: WHSE GmbH & Co. KG, Haiger
Besonderheit: Hohe Effizienz und ganzjährige Auslastung der Mini-BHKW durch präzise Auslegung
Anlage: Zwei BHKW-Module XRGI 20 mit je 20 kWel und 40 kWth der EC Power, ein 280-kW-Gaskessel von Vaillant, zwei 1 200-l-Pufferspeicher
Wirtschaftlichkeit: Erwartet wird eine Reduzierung der Betriebskosten um etwa 30 %
Umweltschutz: CO2-Ausstoß um 175 t/a reduziert; spezifischer CO2-Ausstoß des BHKW-Stroms 195 g/kWh (GuD-Benchmark: 365 g/kWhel)
Auskunft: Christian Freischlad, Tel. 0 27 73/74 62 19 0, christian.freischlad@whse.de;
Heinz-Rudolf Bartels, Tel. 0 27 73/81 12 60, bartels@stadtwerkehaiger.de

Jan Mühlstein

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