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Mining-Vergütung statt EEG-Förderung

BPU Blockchain Power Unit aus dem oberbayerischen Altenstadt hat ein Angebot entwickelt, wie sich auch nach 2020 Erneuerbare-Anlagen profitabel weiter betreiben lassen.
„Was wir zwingend verhindern müssen, ist, dass nach 2020 viele Erneuerbare-Anlagen bundesweit abgeschaltet werden“, sagt Tobias Mader, Geschäftsführer des jungen Unternehmens BPU Blockchain Power Unit mit Sitz in Altenstadt. Er spricht ein Problem an, das unter Windmüllern, aber auch in der Solarbranche seit Längerem diskutiert wird. „Für das es aber noch keine wirkliche Lösung gibt“, so Mader.

Doch die Zeit drängt: Ab Anfang 2021 fallen zigtausend Ökokraftwerke aus der EEG-Vergütung. Nach einer Übersicht der Bundesregierung betrifft das allein in jenem Jahr 18 491 Solaranlagen sowie mehr als 5 600 Wind- und 426 Biomassekraftwerke. Bei vielen Betreibern stellt sich somit die Frage, ob sich diese Anlagen – ob nun Windkraft oder Solar – dann wirtschaftlich noch rechnen. „Die Vergütung wird immerhin von 8,9 Cent pro kWh auf unter 3,5 Cent pro kWh fallen“, verdeutlicht Mader bei den Windkraftbetreibern das Problem.

Mader und sein Team haben daher ein Erlösmodell entwickelt, das darauf setzt, Rechenleistung anzubieten und damit Erneuerbare-Anlagen auch ohne die EEG-Vergütung wirtschaftlich weiterbetreiben zu können. Mader ist selbst Eigentümer von Windkraftanlagen und Solarparks und setzt bereits mehrere Demonstratoren in seinen Windkraftanlagen ein.

Die Blockchain Power Unit ist das Hardware-Herzstück

Das Hardware-Herzstück dieser Idee ist eine „Blockchain Power Unit“ (BPU). Das ist ein individuell auf die Erzeugungsanlage ausgelegtes technisches System aus Trafo, spezialisierten Rechen- und Kommunikationseinheiten sowie Verteiler, Zählern und Kühlvorrichtung, das im Fuß der Windkraftanlage installiert wird.

Die BPU-Einheit löst komplexe Rechenaufgaben wie zum Beispiel Mining. Für diese bereitgestellte Rechenleistung erhält der Anlagenbetreiber eine Vergütung (Reward), was bei Kryptowährungen wie Bitcoin zu Auszahlungen führt.
 

Das Team von BPU (v.l.): Frank Gasser, Franz Petregger, Tobias Mader, Bianca Berkmüller, Simon Vollmer und Dominik Hafner
Bild: Roider, E&M

Mining eröffnet den Zugang zu den Erzeugungsanlagen, ist sich Mader sicher: „Weitere rechenintensive Dienstleistungen wie zum Beispiel Rendering, Anwendungen zur künstlichen Intelligenz und auch Blockchainanwendungen für den Energiemarkt können mit GPU-Prozessoren und spezialisierter Hardware in den BPU-Einheiten angeboten werden.“

Laut dem Unternehmen sind rund 20 % der mit einer Windkraftanlage erzeugten Energie ausreichend, um einen zweiten Deckungsbeitrag zu erwirtschaften. „Zusammen mit dem Verkauf der restlichen 80 Prozent zum Börsenstrompreis ist der gesamte Erlös ausreichend hoch, um Anlagen auch nach dem Wegfall der EEG-Vergütung weiter profitabel betreiben zu können“, zeigt sich der BPU-Chef überzeugt.

Er rechnet bei seinem Geschäftsmodell so: Alle zehn Minuten werden 12,5 Bitcoins erzeugt, also ausgeschüttet. Bitcoins benötigen jedoch sehr viel Rechenleistung und damit auch viel Energie – für einen Bitcoin etwa 42 000 kWh. Ein Bitcoin entspricht derzeit etwa 5 600 Euro. Laut Mader ist „eine zum Bitcoin-Mining eingesetzte Kilowattstunde rund 13,5 Cent wert“. 

Beispielrechnung mit einer 600er-Windkraftanlage

„Bei einer 600er-Windkraftanlage aus dem Jahr 1997 mit einer Nennleistung von 600 kW und rund 1 000 Volllaststunden ergibt sich derzeit ein Jahresertrag von 54 000 Euro“, erläutert der BPU-Chef an einem Beispiel. Nach 2020 falle dieser Ertrag höchstwahrscheinlich auf etwa 21 200 Euro, damit lasse sich die Anlage nicht mehr wirtschaftlich betreiben. „Mit den Erträgen aus den Rechenleistungen jedoch können wir dieses Defizit ausgleichen“, ist sich Mader sicher.

Bei elf Minern im Fuß dieser Anlage könnte sich der Ertrag wieder bei rund 53 000 Euro einpendeln. Ein Großteil würde dabei über das Mining in die Kassen kommen, und zwar etwa 36 812 Euro. „Obwohl nur 20 Prozent der Rechenleistung dafür eingesetzt werden muss.“ Um die nach wie vor volatilen Kursschwankungen solcher Kryptowährungen auszugleichen, kann laut dem Team eine BPU verschiedene Rechenleistungen erzeugen. Damit stabilisiere sich das Ertragspotenzial.
Dieser Ansatz arbeitet auf der Grundlage dezentraler Rechenleistung und möchte die Blockchaintechnologie mit multifunktionaler Rechenkapazität in den Erzeugungsanlagen in den Energiemarkt hineintragen.

Die Blockchain Power Unit bietet das Produkt nun auch anderen Anlagenbetreibern an. Mader rechnet damit, dass sein Start-up in diesem Jahr rund 20 Demonstratorsysteme installieren wird, um weitere Erfahrungen zu sammeln. Spätestens 2020 soll das System massentauglich sein. Aus diesem Grund laufen derzeit auch Gespräche mit Partnern.

BPU wird ihr Geschäftsmodell mit einem Vollwartungsvertrag anbieten. Über eine eigene Software des Unternehmens wird eine Fernwartung ermöglicht. Der Kunde kann Ertragsdaten, Stromverbrauch und Kosten jederzeit mitverfolgen.
Die Kosten für eine BPU-Einheit liegen bei etwa 35 000 Euro. „Die Amortisationszeit liegt bei etwa zwei Jahren“, so Mader.

Der BPU-Chef ist davon überzeugt, dass sich durch dieses Konzept der Strom für alle sogar verbilligen lässt. Denn durch das Mining könnte der Strompreis fallen: „Wenn die Windkraftanlagen aus der EEG-Vergütung herausfallen und trotz niedriger Vergütungssätze durch die Einnahmen aus der Rechenleistung weiterbetrieben werden können, dann subventionieren wir den Strom für alle durch Einnahmen aus dem Mining. Die Blockchain würde zu einem gesellschaftlich akzeptierten Werkzeug.“
 

Integration einer BPU-Einheit in eine Windkraftanlage
Bild: BPU

Blockchain als Grundlage
Eine der bekanntesten digitalen Währungen ist Bitcoin. Es gibt jedoch mittlerweile rund 1 000 solcher Kryptowährungen. Sie heißen zum Beispiel Dash, Ripple oder Monero und werden dezentral zwischen den Nutzern gehandelt – auch bekannt als Peer-to-Peer-Netzwerk. Möglich wird dies durch die Blockchaintechnologie. Das ist eine dezentrale Datenbank, in der alle Transaktionen verzeichnet sind. Eine Blockchain ist wie ein gigantisches Rechnungsbuch, ein dezentral verteiltes Protokoll mit sämtlichen Transaktionen, auf das alle Nutzer Zugriff haben. Die dezentrale Verteilung der Informationen sorgt dafür, dass die Währungen nicht regulierbar sind, aber alle über ein transparentes Protokoll verfügen.

Betreiber, die Rechenleistung für die Kryptowährungen beziehungsweise Blockchain zur Verfügung stellen, heißen Miner. Die komplexen Rechenvorgänge verbrauchen viel Strom, sichern mit der Energie die Währung aber ab, machen sie fälschungssicher und verhindern eine Inflation. Beim Bitcoin-System erhalten Miner für die Bereitstellung der Rechner- und Stromleistungen Bitcoins. Als Zahlungsmittel sind Kryptowährungen derzeit jedoch nicht verbreitet. Ein Umtausch in jede beliebige Währung ist jederzeit möglich.

Das Unternehmen BPU
BPU Blockchain Power Unit GmbH i.G. mit Sitz in Altenstadt (Bayern) ist ein Start-up, das mit seiner entwickelten BPU einen Teil des erzeugten Stroms von Grünstromanlagen nutzen will, um Rechenleistung für Kryptowährungen, Rendering oder künstliche Intelligenz bereitzustellen. Das derzeit siebenköpfige Team verfügt über Erfahrungen in unterschiedlichsten, aber relevanten Bereichen: Planung und Bau von Windkraftanlagen sowie Solarparks, TÜV- und DIN-genormte Energiesysteme, Planung, Aufbau und Vernetzung von Rechenzentren, automatisierte Systemsteuerungen sowie Blockchainentwicklung und Mining-Expertise. Für den kommerziellen Start sucht das Unternehmen noch Partner.

Heidi Roider

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