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Groko-Verhandlungsergebnis lässt zu wünschen übrig

CDU/CSU und SPD haben sich Anfang Februar auf das Klima- und Energiekapitel eines möglichen Koalitionsvertrags verständigt. Das Ergebnis ist nicht zufriedenstellend.
„Mutlosigkeit, Inkonsequenz, Inkonsistenz“ – so lassen sich die ersten Reaktionen aus der Energiewirtschaft zum Energiekapitel zusammenfassen. Was steht drin?
Zunächst ein Bekenntnis zum Klimaschutz: „Wir setzen das Aktionsprogramm Klimaschutz 2020 und den Klimaschutzplan 2050 mit den für alle Sektoren vereinbarten Maßnahmenpaketen und Zielen vollständig um und werden Ergänzungen vornehmen, um die Handlungslücke zur Erreichung des Klimaziels 2020 so schnell wie möglich zu schließen. Das Minderungsziel 2030 wollen wir auf jeden Fall erreichen.“

Allerdings wird die Frage des Kohleausstiegs in die geplante Strukturwandel-Kommission verschoben, die bis Ende 2018 einen Plan mit Enddatum erarbeiten soll.

65 % Ökostrom bis 2030

Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende und Klimaschutzpolitik sei „ein weiterer zielstrebiger, effizienter, netzsynchroner und zunehmend marktorientierter Ausbau der erneuerbaren Energien“, betonen die GroKo-Verhandler. Angestrebt wird bis 2030 ein Erneuerbaren-Anteil von etwa 65 % am Strommix. Stand zwischendurch dort einmal das Wort „Bruttostromverbrauch“, so wurde dieses zuletzt wieder gestrichen, womit nun eine Bandbreite möglich ist: Der Bruttostromverbrauch liegt in Deutschland bei rund 600 Mrd. kWh/a, der Nettostromverbrauch (bei dem der Eigenverbrauch der Kraftwerke und Übertragungsverluste abgezogen sind) nur bei rund 525 Mrd. kWh.

Um eine kurzfristige Ausbaudelle zu vermeiden, soll es 2019 und 2020 Sonderausschreibungen von jeweils 4 000 MW Onshore-Windkraft und Photovoltaik plus einem Offshore-Beitrag geben. Um die Realisierung der bezuschlagten Projekte sicherzustellen, sollen zukünftig bei den Geboten der Bürgerenergie „ausschließlich“ Projekte mit BImSch-Genehmigung zugelassen werden. Zur Sicherung der Akteursvielfalt sind „zielführende Konzepte“ angekündigt. Um den Ausbau regional besser zu steuern, ist für die Ausschreibungen „südlich des Netzengpasses“ ein Mindestanteil „über alle Erzeugungsarten“ vorgesehen.

Anreizen will man Investitionen in Speichertechnologien und „intelligente Vermarktungskonzepte“ – was der Versorgungssicherheit wie auch der Sektorkopplung dient. Und auch der Vermeidung von Redispatch, wenn es heißt, Ziel sei es, „die Systemkosten so gering wie möglich zu halten“.

Netzmodernisierung und -ausbau
Angekündigt ist ein „ambitionierter Maßnahmenplan zur Optimierung der Bestandsnetze und zum schnelleren Ausbau der Stromnetze“, unter anderem mit einer Novellierung und Vereinfachung des Netzausbaubeschleunigungsgesetzes und ökonomischen Anreizen für die Netzoptimierung. Für mehr Akzeptanz will man einen verstärkten Einsatz von Erdkabeln insbesondere im Wechselstrombereich ermöglichen.

Netzentgeltreform
„Unverzüglich“ will man die Verordnung zu bundeseinheitlichen Übertragungsnetzentgelten erarbeiten und in einer Netzentgeltreform die Kosten „angemessener“ und mit Blick auf die Netzdienlichkeit verteilen. Die Appelle der Verteilnetzbetreiber scheinen Wirkung gezeigt zu haben: Angekündigt wird auch eine Weiterentwicklung des Regulierungsrahmens für die Verteilnetze, „um Investitionen in intelligente Lösungen (Digitalisierung)“ zu flankieren.

Sektorkopplung und Speicher
Um die Sektorkopplung voranzubringen, müssten „die Rahmenbedingungen angepasst werden“. Die unterschiedliche Belastung von gespeicherter Energie mit Umlagen wolle man „prüfen und vereinheitlichen“ und Speichern die Möglichkeit eröffnen, „mehrere Dienstleistungen gleichzeitig zu erbringen, etwa Regelenergie und Mieterstrom“. Wärmespeicher, insbesondere für Quartier- und Siedlungslösungen, sollen unterstützt werden.

Flexiblere und sauberere KWK
Die KWK will man weiterentwickeln und umfassend modernisieren. Damit sie „im Rahmen der Energiewende eine Zukunft hat“, soll sie „CO2-ärmer“ ausgestaltet und flexibilisiert werden. Die Anlagen wie auch die Fernwärmeinfrastruktur will man ausbauen und effizienter machen und in Deutschland eine LNG-Infrastruktur aufbauen.

Was fehlt
Konkrete Aussagen zu einer Reform der Abgaben und Steuern auf Strom sucht man vergebens – dabei war das eine der Hauptforderungen aus der Branche. Und auch zur Entlastung der Stromkunden heißt es nur nebulös, man wolle „Fehlanreize abbauen“.

Fehlanzeige auch bei der Einführung eines CO2-Mindestpreises oder einer CO2-Bepreisung im Wärme- und Verkehrssektor. Im Klimaschutzteil ist nur von einem globalen CO2-Preis die Rede, mindestens im Rahmen der G-20.

Anreize für den Gebäudebereich
Der Teil zur Gebäudeenergieeffizienz wurde in das Kapitel Bau und Wohnen verlagert.

Das Gebäudeenergiegesetz soll endlich kommen, „aber ohne die geltenden anspruchsvollen Anforderungen der EnEV zu verschärfen“ und vor allem, um Kostensteigerungen bei den Mieten zu vermeiden. „Mögliche Vorteile einer Umstellung künftiger gesetzlicher Anforderungen auf die CO2-Immission werden wir prüfen“, heißt es weiter.

Man will das CO2-Gebäudesanierungsprogramm fortsetzen. Die Förderung des Heizungsaustauschs soll fortgeführt werden, explizit auch für Brennwertkessel. Kommen soll zudem die steuerliche Förderung der energetischen Gebäudesanierung. Den Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (Nape) will man schnellstmöglich umsetzen.

Angelika Nikionok-Ehrlich

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