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Finanzielle Anreize sollen Netzausbau beflügeln

Die Bundesregierung will untersuchen lassen, wie eine erfolgversprechende Bürgerbeteiligung aussehen sollte.
Im Koalitionsvertrag für die laufende Legislaturperiode haben CDU, CSU und SPD vereinbart, die Grundlage für eine Beteiligung von Grundstückseigentümern an der Wertschöpfung des Netzausbaus prüfen zu lassen. Dabei geht es nicht nur um einmalige Entschädigungen für die Nutzung von Grundstücken, um Masten aufzustellen oder Leitungen zu verlegen, sondern auch um wiederkehrende Zahlungen. Bei dem finanziellen Beteiligungsmodell haben die Politiker auch die nicht unmittelbar betroffenen Bürger als Zielgruppe im Visier.

Es geht um wiederkehrende Zahlungen

Deshalb hat das Bundeswirtschaftsministerium nun eine Studie ausgeschrieben. Deren Ziel sei es, „herauszufinden, welche finanziellen Beteiligungsmodelle möglich und empfehlenswert sind und insbesondere zu der höchsten Steigerung der Akzeptanz bei der betroffenen Bevölkerung und den geringsten Risiken führen“. So steht es in der Leistungsbeschreibung, in der auch Vorschläge zur Umsetzung gefordert werden.

Die Ausschreibung läuft noch bis zum 4. Oktober 2018. Für die Bearbeitung – in enger inhaltlicher und zeitlicher Abstimmung mit dem Auftraggeber – sind zwölf Monate vorgesehen.

Die Autoren der Studie sollen die Stärken und Schwächen verschiedener Ansätze herausarbeiten und dabei unter anderem die Frage diskutieren, ob Bürger nur an wirtschaftlichen Chancen partizipieren sollen oder auch finanzielle Risiken tragen müssten – wie die Netzbetreiber, die dafür mit einer Rendite belohnt würden. In diesem Zusammenhang will das Ministerium auch wissen, ob die Bürgerbeteiligung auf die Rendite der Netzbetreiber aufgeschlagen oder ob sie im Rahmen der Netzentgelte berücksichtigt werden sollte.

Bislang werden Grundstückseigentümer in der Regel auf der Grundlage von Rahmenvereinbarungen entschädigt. Diese beziehen sich beispielsweise auf ein Leitungsrecht im Grundbuch, auf Flurschäden, auf Erschwernisse bei der Bewirtschaftung durch aufgestellte Masten oder Ertragsausfälle in den Folgejahren. Die Zahlungen richten sich zum einen nach den örtlichen Verkehrswerten, zum anderen nach Regelungen, die mit Landwirtschaftsverbänden getroffen wurden.

Peter Altmaier (CDU), der jetzt Ressortchef im Bundeswirtschaftsministerium ist, ist schon länger von der Idee überzeugt, dass finanzielle Anreize jenseits von Entschädigungen Begeisterung für den Netzausbau entfachen können. Bereits 2013 machte er sich als Umweltminister im Kabinett Merkel für die Bürgerbeteiligung an der sogenannten Westküstenleitung von Tennet in Schleswig-Holstein stark. Mit sehr überschaubarem Erfolg. Im Geschäftsbericht des Übertragungsnetzbetreibers von 2013 ist nachzulesen, dass sich die Erwartungen der Verantwortlichen nicht erfüllt hätten. In den Medien war damals von einem „Flop“ die Rede, nachdem nur etwas mehr als 100 Haushalte die Anleihe gezeichnet hatten. Ein zu kompliziertes Konstrukt, eine Unternehmensanleihe statt direkter Beteiligung an der Leitung, vorzeitiger Ausstieg nur durch Verkauf an der Börse – es gab eine ganze Reihe von Kritikpunkten, die Verbraucherschützer veranlassten, von einer Beteiligung abzuraten.

Auch bestehende Beteiligungsmodelle sollen analysiert werden

Dieses Mal soll es besser laufen. Denn Altmaier und seine Mitarbeiter erwarten von der ausgeschriebenen Studie auch eine Aufarbeitung der Fehler, die beim Ansatz für die Westküstenleitung gemacht wurden. Und andere Beteiligungsmodelle, etwa bei Windkraftanlagen, sollen ebenfalls untersucht werden, insbesondere auf ihre Eignung für das Segment der Kleinanleger. Denn diese sollen schließlich für den Netzausbau gewonnen werden.

Erfolgreich umgesetzte regionale und lokale Bürgerenergieprojekte gibt es eine ganze Reihe. Kleinanleger für größere überregionale Vorhaben zu begeistern, dürfte dagegen schwieriger sein. So scheiterte etwa der Versuch, den Offshore-Windpark Butendiek in Form eines Bürgerwindmodells zu errichten. Am Ende kaufte die WPD-Gruppe die Projektrechte und brachte die Anlagen mit insgesamt 288 MW ans Netz.
 

Fritz Wilhelm

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