Sogenannte bifaziale Solarzellen können sowohl auf der Vorder- als auch auf der Rückseite einfallendes Licht in elektrischen Strom umwandeln. Sie sind um bis zu 30 Prozent leistungsfähiger als herkömmliche monofaziale Zellen, die nur die Vorderseite nutzen. Die bisher sehr aufwendige Herstellung solcher doppelseitiger Solarzellen wird durch ein neu entwickeltes Dotierungsverfahren einfacher und kostengünstiger.
Ziel der Forscher der Abteilung Photovoltaik an der Universität Konstanz war es, die Herstellung bifazialer Solarzellen zu vereinfachen, indem das front- und rückseitige Dotierprofil der Zelle in einem Arbeitsgang erzeugt wird. Dafür entwickelten sie einen Diffusionsprozess, der auf dem APCVD-Verfahren basiert, der Atmospheric Pressure Chemical Vapor Deposition. Für diese chemische Dampfphasenabscheidung bei Atmosphärendruck nutzen sie eine neue Anlage der Schmid Group. In einem Diffusionsprozess bringen sie die unterschiedlichen Funktionsschichten auf Wafer auf. Gemeinsam entwickelten die Universität Konstanz und der Anlagenhersteller das Beschichtungsverfahren zur Serienreife.
Die Wafer durchlaufen die neu entwickelte APCVD-Anlage dabei in fünf parallelen Spuren. So wird ein Durchsatz von bis zu 4.000 Wafern pro Stunde erreicht. Inzwischen sind über 100 dieser APCVD Durchlauföfen bei der Solarzellenherstellung im Einsatz.
Beidseitige Dotierung mit dem APCVD-Verfahren
Die Bifazialität erfordert ein zusätzliches p-Dotierprofil, dieses wird üblicherweise durch eine Bor-Diffusion erzeugt. Die bisher eingesetzte Bor-Diffusion aus der Gasphase ist allerdings ein vergleichsweise teurer und schwierig zu kontrollierender Prozessschritt; sie erfordert Vakuum, hohe Temperatur und lange Prozesszeit.
Vorteil des APCVD Verfahrens ist, dass hier die chemische Gasphasenabscheidung nicht unter Vakuum, sondern bei Atmosphärendruck stattfindet. Dies ist deutlich energie- und zeiteffizienter als das Vakuum-Verfahren: es ist nicht erforderlich, die Prozesskammer zu evakuieren, die Reaktionsgase strömen in der Injektionskammer direkt auf den Wafer. Außerdem ist die APCVD-Methode ein Inline-Prozess. Das bedeutet, dass eine quasi unbegrenzte Anzahl von Wafern kontinuierlich die Anlage durchlaufen kann. Dabei bringen mehrere Injektionsköpfe in Reihe Quellen- und Deckschicht auf. Jeweils aus separaten Kanälen werden Reaktionsgase eingeleitet, die bei Kontakt mit vorgewärmten Wafern eine homogene Glasschicht abscheiden.
Im Gegensatz zu den bisherigen Verfahren, bei denen die einzelnen Schichten Schritt für Schritt unter Vakuumbedingungen aufgebracht wurden, arbeitet das neue System fortlaufend und bringt in einem Durchlauf nacheinander die verschiedenen Dotierungsschichten auf die Wafer auf. Dieser Dotier-Prozess ermöglicht es, gleichzeitig das front- und rückseitige Dotierprofil einer bifazialen Solarzelle zu erzeugen.
Bifaziale Solarzellen
Mit bifazialen Solarzellen lässt sich der PV-Ertrag ressourcenschonend steigern. Gegenüber monofazialen Modulen sind die Erträge auf natürlichem Untergrund um 8 bis 15 Prozent höher, um 15 bis 30 Prozent über weißen Reflektoren und bei günstiger Geometrie. Dabei sind die wichtigsten Einflussfaktoren auf die erreichbare Leistung das Reflexionsvermögen (Albedo) des Untergrundes, Höhe, Reihenabstand, Neigung, Abschattung durch Aufständerung sowie die Anteil an diffusem Licht.
Die derzeitig den Markt dominierenden Solarzellen basieren auf einem p-Typ Silizium-Substrat mit einem frontseitigen, durch eine POCl3-Diffusion erzeugten Emitter und einem lichtundurchlässigen Aluminium Back Surface Field (Al-BSF). Bei einer bifazialen Solarzelle wird statt dieser vollflächigen eine lokale Kontaktierung mit einer Fingerstruktur, ähnlich der Frontseitenmetallisierung, eingesetzt. Außerdem kann als Basissubstrat das hochwertigere und nicht unter Beleuchtung degradierende n-Typ Silizium verwendet werden.
Während bei Standardsolarzellen mit Al-BSF wegen ganzflächiger Kontaktierung durch Al-Pasten-Schicht auf der Rückseite kein Lichteinfall von hinten möglich ist, können die moderneren PERC-Solarzellen (Passivated Emitter and Rear Contact) auch in einer bifazialen Variante produziert werden. Diese bifazialen PERC+ Solarzellen haben auf der Rückseite statt der ganzflächigen Aluminium-Metallisierung ein Aluminium-Finger-Grid. Dadurch kann die Zelle auf der Rückseite einfallendes Streulicht ebenfalls absorbieren und in Strom umwandeln. Module mit PERC+ Solarzellen können etwa 5 bis 10 Prozent mehr elektrische Energie erzeugen als konventionelle monofaziale Module.
Komplexe Solarzellen einfacher herstellen
Mit APCVD-basierten Prozessschritten ist es möglich, künftige Solarzellenprozesse kostengünstiger zu produzieren. Die Forscher entwickelten die Beschichtungsanlage und die Prozessführung weiter. Ihr Ziel war, die Leistungsfähigkeit der generierten Bor-dotierten Schichten sowie den Durchsatz zu erhöhen und hierdurch Kosten zu senken. Aktuell konzentrieren sie sich darauf, bei bifazialen Solarzellen Dotierprofile möglichst kostengünstig und gleichzeitig zu erzeugen. Außerdem wollen sie Rekombinations- und Serienwiderstandsverluste bei der Kontaktierung Bor-dotierter Oberflächen reduzieren.
Im Folgeprojekt MuSkAD untersuchen die Projektpartner SCHMID Group und Universität Konstanz den Einfluss der Co-Diffusion auf die Materialqualität. Dabei geht es ihnen darum, Prozesssequenzen für möglichst viele multikristalline Silizium-Materialien zu entwickeln. Sie wollen mit APCVD und Co-Diffusion multikristallines Silizium für kostengünstige bifaziale Solarzellen produzieren. Weiteres Ziel der Forscher ist es, die für den Diffusionsprozess notwendige thermische Ofentechnik stark zu vereinfachen. Die gegenwärtig verwendeten, vergleichsweise komplexen Öfen und Automationsanlagen werden nicht mehr gebraucht, wenn die Wafer für den Diffusionsprozess aufeinander gestapelt werden können.
Bild: ©SCHMID Group
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